AI Coding - Ein Azubi macht noch keinen Entwickler

Ich bilde seit 20 Jahren Fachinformatiker aus.
Mit AI entwickeln ("AI supported engineering" oder "Vibe Coding") ist, als würde man einem Azubi im zweiten Ausbildungsjahr die wichtigen Stories eines Projekts zu geben und zu denken, dass diese ohne Probleme released werden. Denk mal drüber nach – wie wahrscheinlich ist das für dich? Hast du auch ein komisches Gefühl dabei?
Ich auf jeden Fall. Ich weiß aus Erfahrung, dass ein Azubi Unterstützung braucht. Ihm (oder natürlich auch ihr) fehlen Wissen und Erfahrung. Im Zweifel kommt er gar nicht darauf, die richtigen Fragen zu stellen. Wie auch? Es ist ja ein Azubi.
Und wie sieht das mit Geschwindigkeit aus? Wenn wir dem Azubi eine Story geben (was durchaus vorkommt), dann planen wir doch fest ein, sehr oft gemeinsam den Fortschritt zu besprechen und Fragen zur Architektur und Umsetzung zu klären. Wir helfen dem Azubi und planen dafür Zeit ein. Schneller fertig wird die Story damit natürlich nicht.
Was, wenn ich jetzt sage, dass AI eher ein Azubi im zweiten Ausbildungsjahr ist? Ich halte das durchaus für angemessen. Und jetzt gibt es Menschen die behaupten, damit wird man schneller? Ich kann das aus meiner Erfahrung nicht bestätigen.
Im Gegenteil. Sehr oft ist es einfach nur sehr anstrengend permanent darauf zu achten, was die AI gerade versucht. Wie oft habe ich ESC gedrückt um meinen Prompt anzupassen? Wie oft habe ich, weil ich auf das Ergebnis des Prompts ein paar Minuten warten musste, etwas anderes parallel gemacht? Kontextwechsel at its best!
Versteht mich nicht falsch: AI ist ein Tool und es kann helfen! Aber eben nicht einen Entwickler ersetzen! Genau so wenig wie ein Azubi einen Entwickler ersetzen kann.
Individuals and interactions over processes and tools
... und sagt mir jetzt nicht, dass Prompting interaction ist!