NBA08: Prioritäten sind quatsch
Shownotes
Über Feedback freue ich mich immer: nobsagile@gmail.com. Ihr erreicht mich auch auf Mastodon unter https://podcasts.social/@nobullshitagile.
Kommentare und Diskussion gerne hier: https://forum.no-bullshit-agile.de/d/12-nba08-prioritaeten-sind-quatsch
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Letzte Folge „NBA07: Selbstorganisation in der Praxis“
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Spielkarten Agiles Manifest
Illusion Priorität
NBA04: Scrum: Warum es Zeit ist, ein anderes agiles Vorgehen zu erwägen
Zusammenfassung
In Folge 8 von No Bullshit Agile stellt Thomas die traditionelle Praxis von Prioritäten in Frage und argumentiert, dass sie oft nicht zielführend ist. Er erklärt, dass Prioritäten nur zu einem bestimmten Zeitpunkt sinnvoll sind, da sich Anforderungen und Umstände ständig ändern können.
Thomas kritisiert, dass die Priorisierung von Aufgaben nicht die Kapazitätsgrenzen eines Teams berücksichtigt und oft zu unrealistischen Erwartungen bei Kunden führt. Statt sich starr an einen Prioritätenplan zu halten, plädiert er für eine kontinuierliche Anpassung und Priorisierung von Aufgaben basierend auf dem aktuellen Kontext und den sich entwickelnden Anforderungen.
Er bevorzugt einen flexiblen Ansatz, wie ihn Kanban bietet, und betont die Bedeutung von regelmäßiger Kommunikation mit dem Kunden, um gemeinsam eine sinnvolle Reihenfolge von Aufgaben zu bestimmen. Prioritäten sollten nicht als feste Vorgaben betrachtet werden, sondern als dynamisches Werkzeug, das regelmäßig überprüft und angepasst wird.
Thomas fordert dazu auf, mit Kunden darüber zu diskutieren, wie Prioritäten in der Praxis sinnvoller gestaltet werden können und zeigt sich offen für alternative Ansätze und Erfahrungen von anderen.
Transkript
Hallo und herzlich willkommen bei No Bullshit Agile. Mein Name ist Thomas. Ich bin Teil eines agilen Teams und bespreche hier jede Woche Themen aus der agilen Projektwelt. Dabei orientiere ich mich an den großen Kategorien Menschen, Teams, Kunden, Projekte und Agilität. Mein Fokus liegt auf der Praxis, da es eben auch der Name No Bullshit Agile widerspiegelt.
In der letzten Folge habe ich über das Thema Selbstorganisation gesprochen, das ist die Folge 8. Heute soll es darum gehen, warum Prioritäten meiner Meinung nach Quatsch sind.
Bevor es damit losgeht, ein bisschen Housekeeping: Ich habe jetzt tatsächlich doch eine Webseite, die erreicht ihr unter https://no-bullshit-agile.de/, den Link dazu natürlich auch in den Shownotes. Zusätzlich habe ich auch noch ein Forum dazu eingerichtet. Auch den Link findet ihr in den Shownotes.
Ich hatte ja in den Folgen davor immer gesagt, dass ich jeweils die Diskussion zu den einzelnen Folgen auf Reddit machen will und dort auch einen Thread angelegt habe. Ja, und Reddit hat dann tatsächlich, lustigerweise auch ohne weitere Kommentare oder Hinweise, diesen Subreddit gesperrt. Ich vermute, das liegt einfach an dem blöden Wort "Bullshit", was natürlich in dem Subreddit auch enthalten war. Und ich vermute, dass da irgendein Content-Filter zugeschlagen hat. Total dosselig, es wird irgendein Automatismus sein. Ja, unverständlich. Das Problem ist, ich sage ja selber zu mir auch immer, dass mit Content, also einer eigenen Webseite oder einem eigenen Forum, so etwas nicht passieren sollte. Ja, da wollte ich eigentlich eine Abkürzung nehmen und bin praktisch gleich bestraft worden dafür. Ist nicht so schlimm, weil in dem Subreddit natürlich auch noch nicht viel los ist. Den Podcast hier gibt es ja auch noch gar nicht so lange. Insofern war das jetzt, ich sage mal, früh genug für so ein blödes Ding.
Deswegen gibt es jetzt eine Webseite und ein Forum. Bei dem Forum erhoffe ich mir tatsächlich, dass ich mit euch ins Gespräch komme. Auf Masse klappt das schon tatsächlich ganz gut. Ich finde, in einem Forum hat man einfach, ich sage mal, mehr Möglichkeiten und mehr Platz. Das Forum ist modern, es ist nicht alles per PBB, wenn das überhaupt noch jemand kennt. Ich finde, es bedient sich echt total schick. Es geht schnell, das Registrieren geht ganz einfach. Wer möchte, kann sich tatsächlich auch mittels Google-Account registrieren, das ist ja immer superkomfortabel. Man kann sich aber auch ganz normal anmelden.
Das zweite Thema: Die Spielkarten zum Agile Manifest. Die stehen jetzt tatsächlich kurz davor, dass sie im Shop bereitstehen zum Kauf. Der Shopbesitzer muss da noch irgendwelche Prüfungen machen. Sobald die da sind, schreibe ich auf jeden Fall etwas auf Mastodon und berichte sonst einfach auch in der nächsten Folge darüber.
Ja, dann würde ich sagen, steigen wir einfach mal ein: Prioritäten. Ich halte von Prioritäten überhaupt nichts. Vielleicht erstmal meine persönliche Definition: Es sind viele Aufgaben und Stories zu bearbeiten, und jetzt geht es darum, dass Kunden vor allem sich wünschen, dass das hier eine hohe Priorität hat, das auch eine hohe, und das eine mittelhohe. Sie versuchen damit, auch Timings zu steuern. Was die Kunden immer nicht verstehen, ist, dass diese Planung der Priorität nur zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt Sinn macht und auch nur da funktioniert. Denn die Welt dreht sich weiter und schwupps die Wupps, und so stelle ich es halt auch immer wieder fest bei Kunden, ändert sich die Priorität oder es kommt noch etwas Obendrauf.
Das Problem ist jetzt einfach, ein Team, egal ob Scrum oder Kanban, hat natürlich begrenzte Kapazitäten. Man kann jetzt nicht einfach beliebig durch "Oh, da erhöhe ich mal die Priorität" mehr in das Team reinpacken. Das kann man tun, aber dadurch wird die Arbeit nicht schneller. Und es ist total schwer, zumindest für mich, wenn ich mit den Kunden darüber spreche, dass ich dann zum Beispiel vorschlage: „Lass uns erst mal ganz grundsätzlich eine Reihenfolge festlegen. Was ist denn das Wichtigste für dich? Was schafft am meisten Wert? Was beseitigt vielleicht irgendwelche Probleme?“ Und lass uns das regelmäßig und von mir aus gerne auch andauernd machen. Dafür kann ich ja das Backlog anpassen oder Optionen oder Vorbereitungen, je nachdem, mit welchem Verfahren ihr so arbeitet.
Für die Teams, die Scrum machen, haben ihre Planung durch Sprintplanning gemacht, haben ihre feste Iteration und reservieren sich vielleicht für unbekanntes X% oder so, damit sie in ihrem Sprint daran weiterarbeiten können. Ich persönlich, und das ist ein Grund, warum ich Scrum nicht mag, dazu hatte ich auch schon mal eine Folge gemacht, auch die werde ich in den Shownotes verlinken, denke halt einfach, das ist einer der ganz großen Vorteile von Kanban. Da kann ich den Fluss steuern und entscheiden, was als nächstes ansteht. Diese Diskussion mit dem Kunden halte ich für viel, viel sinnvoller.
Das Problem ist einfach, wenn man mit Kunden in einer normalen Situation darüber spricht und erklärt, was eigentlich die Vorteile sind, kommt man auch ziemlich schnell drauf: „Okay, wir brauchen ganz kleine Stories“, da werde ich sicherlich nochmal eine gesonderte Folge drüber machen. Dann verstehen die Kunden das auch und in der Regel sehen sie auch ihren Mehrwert. Aber sobald es zu Situationen kommt, wo es irgendwie knirscht oder wo die Kunden Druck verspüren, was ich auch verstehe, dann wollen sie sich daran einfach nicht mehr erinnern. Dann kommt: „Mach bitte einen Plan, setz bitte Prioritäten und nenne mir die.“
Das mache ich dann im Zweifel auch, ich sage dann immer zu: „Okay, das ist der Plan, den ich heute erstellen kann, der kann morgen ganz anders aussehen.“ Oft genug kommt es dann vor, dass der Kunde mich am nächsten Tag anruft und sagt: „Du, ich hatte noch etwas, das muss jetzt bitte auch rein.“ Und dann sage ich immer: „Ja, aber das geht nicht.“ Es gibt vielleicht zugesicherte Kapazitäten oder einfach die Gesamtteamkapazität, die man nicht überschreiten kann, wie soll das auch gehen? Und dann sind wir wieder an der Stelle, wo ich darüber spreche: „Lass uns doch bitte lieber eine Reihenfolge festlegen.“
Das Problem, das ich sehe, und wo die Kunden, meine Kunden auch nicht besonders einsichtig sind, ist, sie wünschen sich dann etwas und sehen damit ihren Job als erledigt an. Jedes Mal, wenn ich, oder was heißt jedes Mal, aber sehr oft, wenn ich über Reihenfolgen spreche, tun sie sich nämlich super schwer zu sagen: „Erst das, dann das, dann das.“ Sie sind nicht so stark involviert in dem Projekt. Es ist zumindest bei meinen Kunden sehr oft noch so, dass sie verhaftet sind. Da ist ein Dienstleister, der erledigt die Arbeit. Der modernere Ansatz und tatsächlich in meinen Augen auch der erfolgreichere Ansatz und der Ansatz, den das Agile Manifest auf jeden Fall auch präferiert, ist das gemeinsame Arbeiten mit dem Kunden zusammen. Als Agentur wollen wir das natürlich ganz klar. Wir committen uns zum Agile Manifest, bloß die Kunden tun sich damit einfach super schwer.
Ja, da wäre ich halt total interessiert daran, wie ihr das handhabt. Kennt ihr solche Situationen und habt ihr andere Mittel oder Argumentationen gefunden, um damit umzugehen, um den Kunden auch wirklich davon zu überzeugen? Also, ich starte gerne Experimente. Ich habe einem Kunden schon mal gesagt: „Lass uns das einfach mal einen Monat auf meine Art und Weise probieren und gucken, wie das funktioniert.“ Und ja, die stimmen dann in der Regel auch zu. Bloß, wie gesagt, immer in dem Moment, wo etwas anderes dazukommt, sind sie so verhaftet, dass sie selbst mit meiner Hilfe, meinem Erzählen drumherum, einfach nicht dazu kommen, zu sagen: „Lass uns doch bitte die Reihenfolge festlegen.“
Insofern, Prioritäten bedeuten für mich eigentlich, am Plan festzuhalten. Man hat ein Werk erschaffen, man hat eine Struktur gebaut, manche Kunden bauen sich so riesige Excel-Tabellen. Da denke ich immer: „Ja, das ist Waste.“ Das Planen, diesen Plan permanent aufzustellen, ist total sinnvoll, weil so kommt man in der Diskussion voran, spricht darüber, was zu tun ist. Nur der Plan, der da entsteht, den betrachte ich halt einfach als hinfällig, mehr oder weniger sofort. Es mag mal einen Monat geben, in dem der Plan so aufgeht, wo keine weiteren Themen dazukommen oder andere Themen plötzlich wichtiger werden. Aber ich finde es halt einfach total fatal, an diesem Plan festzuhalten, nur weil man ihn mal aufgestellt hat. Kunden sagen mir das auch: „Na gut, dann musst du sagen: ‚Das ist jetzt aber weg vom Plan, und ich muss mir was anderes überlegen.‘“ Aber das macht doch auch keinen Sinn. Es macht überhaupt keinen Sinn zu sagen: „Okay, wir halten uns an den Plan, weil wir ihn mal aufgestellt haben, und so ziehen wir es auch durch.“ Stattdessen möchte ich wirklich täglich die Chance nutzen, wir haben so ein schönes System mit Kanban, das es ermöglicht, flexibel auf alles zu reagieren.
Deswegen habe ich einfach immer wieder große Verständnisprobleme. Vielleicht noch zur Einsortierung: Die Kunden, über die ich spreche, sind alles Großkonzerne. Vielleicht geht es mit kleineren Kunden leichter, das kann vielleicht sogar sein, oder vielleicht habe ich auch einfach Pech mit meinen Kunden, vielleicht sind die alle noch nicht angekommen. Wie gesagt, es wäre super interessant und für mich total hilfreich, mit euch darüber ins Gespräch zu kommen. Kennt ihr solche Situationen? Habt ihr solche Situationen auch? Und wenn ja, wie geht ihr damit um? Habt ihr Mittel gefunden, um Kunden davon zu überzeugen, dass dies der bessere Weg ist?
Ihr habt zwei Möglichkeiten, darüber zu diskutieren. Natürlich würde ich mich freuen, wenn ihr das Forum nutzt, weil dann die Information, ich sage mal, ein bisschen persistenter ist und andere auch die Chance haben, besser in die Diskussion einzusteigen. Aber ihr könnt euch natürlich gerne auch auf Mastodon bei mir melden oder per E-Mail.
Ja, und das soll's eigentlich schon gewesen sein, heute mal kurz und knapp. Wenn du Feedback hast, dann wie gesagt, unter anderem geht das per Mail an nobsagile@gmail.com. Und zur Diskussion und zum Austausch gibt es eben das Forum. All die Links findest du auch in den Shownotes.
Ich wünsche dir eine ganz, ganz tolle Woche. Da jetzt kurz vor Ostern, sage ich auch noch frohe Ostern. Und wir hören uns in der nächsten Woche. Bis dann. Tschüss.