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NBA42: Warum ist iteratives Vorgehen nur so schwer?

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NBA41: Die Devs bitte nicht ansprechen

Dimensional Planning und User Story Mapping

Allen Holub Heuristics

Zusammenfassung

Iteratives Arbeiten ist der Schlüssel, um schnell am Markt zu sein und kontinuierlich Feedback zu integrieren. Es geht darum, alle Schritte eines Prozesses – von der Planung über Konzeption und Design bis zur Umsetzung – iterativ zu gestalten und durch Feedback-Loops zu verbessern. Dies erfordert eine frühe Priorisierung der wichtigsten Aufgaben, da vollständige Planung zu Beginn illusorisch ist: In komplexen Projekten ändern sich Anforderungen durch neues Wissen nahezu zwangsläufig. Kunden profitieren von schnelleren Ergebnissen mit hohem Nutzen, und die iterative Herangehensweise ermöglicht eine flexible Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen, ohne Ressourcen zu verschwenden. Dieses Vorgehen erfordert Vertrauen und eine Haltung, die Veränderungen nicht als Störfaktor, sondern als Chance begreift. Iteratives Arbeiten ist daher nicht nur eine Methode, sondern eine Denkweise, die auf kontinuierlichem Lernen und Anpassung basiert.

Transkript

Ich denke, uns allen ist klar: Wenn wir schnell am Markt sein und schnelles Feedback erhalten wollen, gibt es nur eine sinnvolle Arbeitsweise – ein iteratives Vorgehen. Ich verwende bewusst das Wort iterativ und nicht agil, denn Iteration ist eine zentrale Säule der Agilität. Ein iteratives Vorgehen bedeutet, alle Schritte eines Prozesses – inklusive Planung – kontinuierlich zu wiederholen und zu verbessern. Nur so wird die Arbeit wirklich effektiv.

Iterative Prozesse in der Praxis

Ein allgemeines Beispiel: Unsere Arbeit besteht oft aus mehreren Phasen – einer Vorphase (Planung), einer Konzeptionsphase, einer Designphase und einer Umsetzungsphase. Dabei kann es vorkommen, dass Konzeption und Design von Dritten, beispielsweise dem Kunden, übernommen werden, während wir „nur“ die Umsetzung durchführen. Natürlich bringt es Vorteile, allein die Umsetzung iterativ zu gestalten. Wirklich effektiv wird es jedoch erst, wenn alle Prozessschritte – Planung, Konzeption, Design und Umsetzung – iterativ ablaufen und von Feedback-Loops begleitet werden.

Warum Iteration früh beginnen muss

Ein Beispiel: In der Konzeptionsphase sollte das Team schon in der ersten Iteration Feedback einholen, um sicherzustellen, dass die Richtung stimmt. Wenn wir hingegen zuerst eine vollständige Konzeption und ein vollständiges Design erstellen, bevor die iterative Umsetzung beginnt, kommen wir viel zu spät ins Spiel.

Hier liegt eine häufige Herausforderung: Kunden oder Dritte wollen oft zuerst wissen, was sie „insgesamt“ erhalten. Das ist nachvollziehbar – sie möchten den Gesamtumfang und den Nutzen ihrer Investition verstehen. Dennoch ist es effektiver, frühzeitig zu priorisieren, was am wichtigsten ist und als erstes angegangen werden sollte.

Planung als kontinuierlicher Prozess

In der Angebotsphase, also am Anfang eines Projekts, skizzieren wir zunächst den Gesamtgegenstand, wie er heute bekannt ist. Danach wenden wir Methoden wie User Story Mapping oder Dimensional Planning an, um das Ganze in sinnvolle Iterationen zu zerlegen. Welche Schritte schaffen am meisten Wert? Diese Priorisierung ist essenziell.

Die Herausforderung besteht darin, Kunden und Stakeholdern zu vermitteln, dass planen und iterativ arbeiten kein Widerspruch sind. Im Gegenteil: Iteratives Vorgehen ermöglicht es, kontinuierlich zu planen und auf neue Erkenntnisse zu reagieren.

Der Mythos der vollständigen Planung

Ein weit verbreiteter Denkfehler ist die Annahme, dass man den gesamten Projektumfang vollständig vorhersagen kann. In neuen, komplexen Projekten ändern sich jedoch Anforderungen fast zwangsläufig. Das liegt daran, dass Teams während des Projekts dazulernen. Schon die ersten Feedback-Schleifen in Konzeption und Design führen zu Anpassungen. Dieses Lernen und Anpassen ist nicht nur normal, sondern der Schlüssel zum Erfolg.

Nutzen und Vertrauen schaffen

Ein iteratives Vorgehen bietet nicht nur Vorteile für den Entwicklungsprozess selbst, sondern erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Endergebnis den Erwartungen entspricht. Kunden erhalten schneller erste Ergebnisse, die Nutzen schaffen – sei es für Benutzer oder in Form von Umsatzsteigerungen. Der Dialog mit Stakeholdern, um die minimal sinnvolle Variante zu definieren, ist wertvoll und schafft Vertrauen.

Allerdings erfordert diese Arbeitsweise auch viel Vertrauen. Die Angst vor steigenden Kosten oder unvollständigen Ergebnissen ist nachvollziehbar. Doch genau hier liegt der Vorteil: Indem wir kontinuierlich anpassen, vermeiden wir teure Fehlentwicklungen und gehen verantwortungsvoll mit dem Budget um.

Eine Geschichte aus der Praxis

Ein Teilnehmer einer Agile User Group erzählte kürzlich eine interessante Geschichte: Er wollte eine Steinmauer für seinen Garten bauen lassen und entschied sich bewusst für einen Dienstleistungsvertrag statt eines klassischen Werkvertrags. Der Grund: Er wollte nicht einfach „irgendeine“ Mauer, sondern eine Mauer, die seinen Vorstellungen entspricht. Diese Herangehensweise – die Mauer iterativ zu entwickeln – verdeutlicht, was iterative Entwicklung bedeutet: den Fokus auf kontinuierliches Feedback und Anpassung.

Fazit: Veränderungen begrüßen

Systeme und Prozesse müssen so gestaltet sein, dass sie Veränderungen nicht nur zulassen, sondern aktiv begrüßen. Nur so können wir auf Feedback reagieren, Iterationen entsprechend anpassen und Verbesserungen kontinuierlich in unsere Arbeit einfließen lassen.

Wie Alan Hollop es treffend formuliert:
„Welcome change. In organizations, processes, products, plans, at any time. You cannot be simultaneously rigid and agile.“

Iteratives Arbeiten ist nicht nur eine Methode, sondern eine Haltung – eine, die Veränderungen und kontinuierliches Lernen ins Zentrum stellt.